Eugen Zebisch 1890-1945 |
Eugen Zebisch wurde am 23. September 1890 in Landeck (Tirol) als Sohn des Franz Zebisch und seiner Frau Eugenie, geborene Speidel, geboren. Sein Vater war Revident der Staatsbahnen und so übersiedelte die Familie aus beruflichen Gründen um 1900 nach Innsbruck, wo Eugen Zebisch die Schule besuchte. Im Jahre 1911 zum 4. Regiment der Tiroler Kaiserjäger assentiert, diente er zu Kriegsausbruch gerade aktiv. Im Verband der 7. Feldkompanie ging er als Zugsführer gleich nach Galizien zum Kampf gegen Russland ab. Mitte Juli konnte er sich, mittlerweile zum Oberjäger befördert, am Adamello mit der Goldenen Tapferkeitsmedaille auszeichnen. Der, vom Halbbrigadekommando Nr. 50 verfasste, Belohungsantrag lautet wie folgt: „Gefecht am Mandongletscher am 15. Juli 1915. Sehr zielbewusstes und äußerst tapferes Führen einer Umgehungsgruppe über sehr schwieriges Gebirgsterrain. Auf dem Rückmarsche durch einen Deserteur verraten, wurde er vom Feind umzingelt und seine Gruppe versprengt. Trotzdem gelang es ihm, sein Detachement zu sammeln und sich nach 5-tägigen übermenschlichen Anstrengungen durch den Feind zu seiner Abteilung durchzuschlagen.“ Tag der Antragstellung war der 21. Juni 1915, die Verleihung erfolgte am 16. August 1915 und die entsprechende Veröffentlichung mit dem Verordnungsblatt 148 vom 22. September 1915, allerdings unter dem falsch geschriebenen Namen „Zewisch“. Vorher oder nachher erfolgten keinerlei Veröffentlichungen mehr, weder unter dem Namen „Zebisch“ noch „Zewisch“. Die Überreichung der Goldenen Tapferkeitsmedaille erfolgte im Oktober 1915 beim Kader in Vöcklabruck durch Hauptmann Tartler in der Kaderkanzlei. Es könnte sein, dass Eugen Zebisch danach zum Infanterie Regiment Nr. 84 versetzt worden ist, zumindest wird nach seiner Transferierung zur Luftfahrttruppe dies als Stammtruppenkörper geführt, obwohl es sonst keinen Nachweis dafür gibt. Im Laufe des Krieges wurde Eugen Zebisch insgesamt fünfmal verwundet. Er erhielt einen Steckschuss in den linken Fuß, zwei Bajonettstiche in den linken Arm, zwei Kopfschüsse und einen Bajonettstich ins Schlüsselbein, außerdem litt er an einer Gehirnerschütterung durch Verschüttung und war einmal an Bauchtyphus ernsthaft erkrankt. Schließlich meldete sich Eugen Zebisch zur Pilotenausbildung, die er mehr schlecht als recht absolvierte. Der Österreichische Aeroklub vergab am 6. Juli 1917 das zivile Pilotendiplom Nr. 712 an ihn, für die militärische Fliegerei schienen seine Leistungen aber nicht wirklich ausreichend zu sein. Seine Versetzung zu einer Fliegerersatzkompanie (FleK 6) bei der Armee im Felde wurde zurückgezogen und auf eine Einteilung als Fluglehrer bei der Fliegerersatztruppe im Hinterland geändert. Seine Personalbewertung trug den niederschmetternden Hinweis „Ist ausschließlich für Luftpost geeignet.“ Bei Kriegsende ist Eugen Zebisch Feldwebel und Flugzeugführer, zum Feldpiloten hat er es mangels Fronteinsatz nicht geschafft. Bei der Aufnahme in den Ring der Goldenen Tapferkeitsmedaille gab er über den Verbleib seiner Medaille Folgendes an: „ Habe meine echte Goldene bei Heimkehrerunruhen in Neumarkt in Südtirol, in geschlossenem Koffer mit ersparter neuer Wäsche und Schuhen, sowie 2 Fotoalbums einem Bauern gegen Versprechung der Ausfolgung in ruhigeren Zeiten, übergeben. Im Juli 1920 fuhr ich hinein, der Besitz des Koffers wurde abgeleugnet, Verhafungsandrohung durch welsche Carabinieri.“ Überhaupt lief für Eugen Zebisch das Leben nach dem Ersten Weltkrieg nicht besonders gut. Eine Anstellung als Fahrdienstleiter bei der Österreichischen Bundesbahn verliert er rasch wieder, angeblich wegen nervöser Zustände, die durch die Kopfschüsse hervorgerufen worden sind, fällt er durch alle Prüfungen. Nach einer Umschulung zum Buchhalter findet er Anstellung bei verschiedenen holzverarbeitenden Betrieben und Sägewerken in Reutte, wovon jedoch drei hintereinander in Konkurs gehen. Im April 1937 schreibt er an die Hauptleitung des Rings der Goldenen Tapferkeitsmedaille: „Infolge mehrjähriger vorangegangener Arbeitslosigkeit und dadurch entstandener Zahlungsrückstände, schwierige Lebenshaltung. Zermürbende Brotsorge mit sechsköpfiger Familie (2 Buben und 2 Mädchen). Seit 1934 Hilfskanzleikraft bei der Landeshauptmannschaft für Tirol in Innsbruck, aber Entlassung droht alljährlich wegen Einsparung.“ Die Familie Zebisch wird mehrfach vom Ring zu den Weihnachtsaktionen mit Lebensmittel- und Wäschepaketen unterstützt, sowie durch eine einmalige Zahlung von 100,- Schilling. Im Jahre 1939 meldet sich Eugen Zebisch zur Deutschen Luftwaffe und diente als Oberfeldwebel beim Überführungsgeschwader Süd. Aufgrund des Tannenberg-Erlasses wird er, wie die meisten anderen Träger der Goldenen Tapferkeitsmedaille, ehrenhalber zum Leutnant a.D. in der Deutschen Wehrmacht befördert. Im Falle Zebisch geschieht dies bereits mit dem Datum vom 27. August 1939. Auf einer Dienstfahrt am 16. Jänner 1945 erlag Eugen Zebisch einem Schlaganfall auf dem Bahnhof in Bozen. Ebendort bestattet, wurde er 1952 enterdigt und auf dem Soldatenfriedhof in Meran feierlich bestattet. Doch da gibt es noch eine andere Geschichte, eine, die er offenbar den neuen Machthabern 1939 auftischt und die, von diesen geglaubt wird. Mehr noch - im Jahre 1966 gibt Dr. Klebelsberg im Rahmen der Schlern-Schriften Nr. 243 eine Publikation über die „tapfersten Söhne Tirols“ heraus, wo er unter anderem auch (angeblich) alle Träger der Goldenen Tapferkeitsmedaille kurz vorstellt. Auch er glaubt die „andere“ Lebensgeschichte kritiklos und veröffentlicht diese teilweise märchenhafte Geschichte: Eugen Zebisch wäre in dieser Version schon am 16. September 1889 geboren worden und hätte 1911 am Humanistischen Gymnasium maturiert. Seltsam, dass dieser 22-jährige Maturant dann gleich zum Wehrdienst einberufen wird und niemals den Versuch unternimmt Offizier zu werden. Im Krieg wäre er dann gleich zu Beginn 1914 mit der Silbernen Tapferkeitsmedaille 1. Klasse ausgezeichnet worden und nach dem Erhalt der Goldenen freiwillig zur Fliegertruppe transferiert worden. Hier hätte er zahlreiche Heldentaten vollbracht, wäre mit dem Feldpilotenabzeichen ausgezeichnet worden und 1918 noch schnell zum zweitenmal mit der Goldenen Tapferkeitsmedaille. Zur angeblichen Wiederholungsspange auf der Goldenen Tapferkeitsmedaille gibt’s sogar eine Geschichte: „Als Feldpilot flog Zebisch gegen Ende des Krieges einen feindlichen Flughafen in der Poebene an, wurde dabei abgeschossen. Bei der Notlandung überwältigte er die Besatzung eines soeben startenden welschen Bombers, bemächtigte sich des Flugzeuges und flog damit nach Innsbruck, wo er unversehrt landete. Für dieses schneidige Wagestück wurde er zum zweitenmal mit der goldenen Tapferkeitsmedaille belohnt.“ Die Tatbeschreibung selber ist so wage und auch so unglaubwürdig, dass man kaum darüber nachdenken muss. Abgesehen von der Reichweite und den Alpen, warum fliegt er nach Innsbruck und nicht zu seinem näher gelegenen Feldflugplatz? Warum greift ihn, der in einem feindlichen, relativ langsamen Bomber sitzt, keiner bis dahin an? Wie ist es ihm überhaupt technisch gelungen alleine mit einem Zweisitzer zu starten? Auch nach dem Krieg nimmt er nicht die Stelle einer „Hilfskanzleikraft bei der Landeshauptmannschaft“, sondern den Posten eines „Rechnungsführers bei der Landesregierung“ an. Nochmals zur Bekräftigung, es gibt keinerlei Hinweise oder Unterlagen zu einer Verleihung des Feldpilotenabzeichens oder einer zweiten Goldenen Tapferkeitsmedaille, obwohl er während des 2. Weltkrieges diese immer trägt. Eine Erklärung zum geänderten Geburtsdatum konnte ebenso nicht gefunden werden wie warum er all diese Auszeichnungen und Heldentaten gegenüber seinem Kameraden im Ring der Träger der Goldenen Tapferkeitsmedaille in den 1930er Jahren verschwiegen hat. © Jörg C. Steiner, Wien |