Mathias Wassermann 1891-1963 |
Mathias Wassermann wurde am 22. Juni 1891 in St. Jakob im Lesachtal Bezirk Hermagor in Kärnten geboren. Sein Vater Mathias war Weber und Hausbesitzer, seine Mutter Ottilie eine geborene Kofler. Mathias Wassermann hatte seine Wehrpflicht 1913 beendet und rückte als Korporal der Reserve zu Kriegsbeginn 1914 von seinem Zivilberuf Kaufmann nach Rattenberg in Tirol zum Landwehr Infanterie Regiment Nr. 4 ein. Mit der 1. Kompanie dieser Einheit ging er an die russische Front ab wo er alle Kämpfe des Regiments mitmachte. Wassermann hatte an den ersten Gefechten, besonders an der Schlacht bei Przemyslany, rühmlich Anteil. Als das Regiment bei Grodek zurückgehen musste, sammelte er einen Teil der zerstreuten Mannschaft und führte einen erfolgreichen Bajonettangriff aus. Für dieses schneidige Verhalten wurde er mit der Silbernen Tapferkeitsmedaille 1. Klasse ausgezeichnet und zum Zugsführer befördert. Danach machte er die Kämpfe in den Karpathen mit und kam hierauf an die Dnjestrfront wo er sich die Goldene Tapferkeitsmedaille verdienen konnte. Auf Wunsch der Hauptleitung des Vereines „Ring der Goldenen Tapferkeitsmedaille“ verfasste er am 4. April 1937 folgenden Bericht darüber: „Wie ich mir die Goldene erwarb – Borostyn bei Delatyn – 5. Juni 1915 – wurde das Geb.Sch.Rgt. 1 / I.Komp. mit verschiedenen anderen Regimentern am Borostyn den heissumstrittenen Brennpunkt des Gegners eingesetzt, schon gleich beim Bezug der Stellung hatten wir 9 Mann zu beklagen. Eine genaue Kenntnis vom Gegner war in unserem Abschnitt nicht durchzuführen, da wir durch einen steilen Abhang auf Distanz 100 Schritte gestreut waren und so standen wir fortwährend unter eingeschossenen MG-Feuer, ein Verlassen der Stellung oder nur die Hand zeigen war sichere Verwundung. Vermutlich war es der 9. Juni, wurde die 1. Komp., der ich angehörte, unter dem Kommando vom Komp.Kommandanten Herrn Oberltn Schafftner und die dazugehörigen Offiziere zur Verstärkung im östlichen Abschnitt der Bahnlinie Stanislau eingesetzt. Mein Kommandant wurde zur Dispositionsausgabe berufen und konnte nicht mehr in die Stellung kommen, da der Gegner den ganzen Raum mit leichten und ganz schweren Calibern unter Sperrfeuer hielt, mir gelang es mit der Kompanie unter Verlusten, jedoch ohne Offiziere in die Front zu kommen, 7.30 morgens, im Anschluss war eine Kompanie vom I.R. 16 (Serbo-Croaten) Garnison Warasdin, im stark dezimierten Zustand auch ohne Offiziere. In diesem Abschnitt wurden nach Mitteilung 29 Regimenter eingesetzt und alle schwer dezimiert. Da nach dem starken Sperrfeuer und der Nervosität des Gegners auf einen baldigen Angriff zu rechnen war übernahm ich auf Bitte der Mannschaft das Kommando beider Kompanien in welchem Raum auch sofort der erste Angriff um zirka ½ 9 Uhr einsetzte. Der Gegner trieb überlegene Kräfte in 16 Staffelungen vor. Ich fand keinen Ausweg, als wie den Gegner mit gefälltem Bajonett von der Brustwehr entgegen zu stürmen, wo ich leider 8 Mann zu beklagen hatte. Durch meinen Ausfall gewann ich aber die Oberhand und die Gegner flüchteten in die Ausgangsstellung zurück. 9 Uhr vormittags, inzwischen sammelte ich meine Leute, gab neue Weisungen, verbesserte nach Möglichkeit die Stellung und da durch das Sperrfeuer kein Munitionsnachschub war, mussten wir die gesamte vorhandene Munition, auch vom Gegner, aufsammeln und verwenden. Um zirka 12 Uhr setzte der Gegner zum 2ten Angriff an, jedoch kam er hier mit schweren MG-Gewehren, der Gegner schlich sich unter teilweise günstiger Deckung auf 30 Schritte an uns heran, begann ein mörderisches Feuer, welches wir nur mit guter Treffsicherheit, da Munitionsmangel, in voller Ruhe erwiderten, als der Gegner abermals zum Sturm losbrach, begegneten wir ihm mit gleichem Ausfall von der Brustwehr, wie im vorhergehenden Angriff. Der Gegner erlitt starke Verluste und lies 3 MG samt Munition in unserer Hand. Ich brachte die 3 MG sofort in Front, Flankierungsstellung, ermutigte meine Mannschaft neuerdings und um ½ 3 Uhr setzte der 3te und letzte Sturmangriff zum Durchbruch am Borostyn an. Durch die vorhergehenden Angriffe hatte der Gegner bereits gute Terrainkenntnisse, verteilte seine noch frischen Kräfte konzentrisch und begann uns mit schwerem MG-Feuer in Schach zu halten. Bei diesem stark überlegenen Angriff, den wir ohne die erbeuteten MGs bestimmt nicht mehr gewachsen gewesen wären, kam es zum 3ten Bajonettkampf, wo der Gegner teilweise in unsere Stellung eindringen konnte, jedoch mit übermenschlichem Einsatz der Serbo-Croaten und meiner Mannschaft abermals zurückgeworfen wurde. Die Verluste auf beiden Seiten waren sehr groß, nach dem Rückzug des Gegners, der ebenfalls für einen Angriff nicht mehr in Frage kam, entschied ich mich sofort nach rückwärts zu gehen um Verstärkung für die Nacht zu holen. Meine Mannschaft bat mich sofort wieder zurückzukehren. 3 Unteroffiziere, 4 Gefreite sowie 17 Mann verlor ich in diesem Sturmangriff. Ich übertrug Gefreiten Georg Müller inzwischen das Kommando und konnte mich um zirka 4 Uhr bei meinem Rgt. Kommandanten Major Troyer und meinem Komp. Kommandanten Oberltn. Schafftner melden, wo ich nicht mehr in die Front zurück kehrte, sondern mein Komp. Kommandant traf sofort Verfügung, dass die Kompanie, die so gelitten hatte, von einem ungarischen Honvedregiment, Nummer ist mir nicht bekannt, abgelöst wurde. Belohnung: Zugsf. Wassermann als Kommandant die Goldene, jeder Zweite die silberne 1. Klasse, alle Übrigen die Silberne 2. Klasse – wie weit der Belohnungsantrag durchgeführt wurde entzieht sich meiner Kenntnis. Das Regiment wurde am 10. Juni einwaggoniert, wo wir noch zuvor vom Abschnitts-Kommandanten General Pflanzer-Baltin herzliche Worte als Verabschiedung empfingen, und so ging es dann nach dem südlichen Kriegsschauplatz wo wir am 13. Juni morgens in Villach eintrafen. Dort wurden wir für den Gebirgskampf so gut als möglich ausgerüstet und am 18. Juni ging es den Italienern entgegen.“ Kurz danach erhielt Zugsführer Wassermann zwei schwere Verwundungen u.a. einen Lungensteckschuss, der letztlich im Spital zu Klagenfurt ausgeheilt wurde. Der Spitalskommandant Stabsarzt Dr. Leo Kurzweil, war es auch, der ihm am 11. September 1915 die Goldene Tapferkeitsmedaille im feierlichen Rahmen überreichte. Die amtliche Publikation erfolgte bereits per 4. September 1915. Wieder zurück beim Regiment wo er als Flankendeckung mit dem 2. Zug seiner Kompanie am 28. Jänner 1916 in Gefangenschaft geriet. Es gelang ihm die Wachposten zu erstechen und mit einem Teil seiner Männer und einigen weiteren Gefangenen aus verschiedenen Einheiten zu entfliehen. Die sofort einsetzende Verfolgung fing allerdings fast alle wieder ein, nur die beiden Zugsführer Wassermann und Steiner konnten sich aufgrund ihrer vorher erworbenen Kenntnisse des Geländes der neuerlichen Gefangennahme entziehen. Bei Koskölesch (?) trafen die beiden auf Angehörige des LIR 26 und schlossen sich vorerst dieser, dort in Stellung liegenden, Einheit an. Am 2. und 3. Februar nahm er mit dieser Einheit an insgesamt 3 Bajonettangriffen teil, wo er durch einen Bajonettstich und mehrere Kolbenhiebe verletzt wurde. Während der Kämpfe um Alsopaginy(?) und Waratka konnte er wieder Kontakt zu seiner eigentlichen Einheit aufnehmen und meldete sich dort wieder zurück. Das Landwehr Infanterie Regiment 4 wurde schließlich ins Gebirgsschützen Regiment 1 umgewandelt und an die italienische Front verlegt. Nach entsprechender Ausbildung und Ausrüstung für den Gebirgskampf kam Zugsführer Mathias Wassermann auch dort zum Einsatz, wurde allerdings neuerlich verwundet und nun endgültig als Ausbildner nach Klagenfurt versetzt. Nach dem Zusammenbruch heiratete Mathias Wassermann am 20. Jänner 1919 in Klagenfurt St. Egid Frau Stefanie Huber und die beiden liesen sich als Besitzer einer Gastwirtschaft in St. Martin bei Klagenfurt nieder. Doch die Ehe stand von Beginn an unter keinem guten Stern. Wassermann hatte sich gerade zum Abwehrkampf gegen die nach Kärnten eindringenden Truppen des SHS-Staates gemeldet, als er am 12. August 1919 schon in Gefangenschaft geriet. Seine Habseeligkeiten, inkl. der echt Goldenen und Silbernen Tapferkeitsmedaille wurden ihm sofort abgenommen und er wurde zusammen mit zahlreichen anderen heimattreuen Kärntner als sogenannte „politische Gefangene“ nach Laibach verschleppt. Erst durch die massive Intervention der interalliierten Kommission wurden diese „Häftlinge“ am 13. Dezember 1919 freigelassen. Als er sich wieder nachhause durchgeschlagen hatte, fand er seine junge Ehefrau, eine gebürtige Tirolerin, verzweifelt und verstört vor, sie konnte sich an die Umstände in Kärnten nicht gewöhnen. Es blieb nichts anderes übrig als nach und nach allen Besitz zu verkaufen und schließlich 1922 auf den elterlichen Hof zu ziehen. Durch die allgemein schwierige wirtschaftliche Lage konnte auch dieser nicht gehalten werden und letztlich erfolgte am 24. Juli 1930 auch die Scheidung der unglücklichen Ehe. Mathias Wassermann hat nun alles verloren und versuchte in der Stadt Klagenfurt sein Glück. Er nahm jede nur erdenkliche Arbeit an, als Nachtportier und Straßenarbeiter, als Gärtner und letztlich als Lohndiener schlug er sich durch und versuchte seine Schulden abzutragen. Seine jüngere Schwester Ottilie (1897-1934) heiratete übrigens am 9. September 1918 den abgerüsteten Offiziersstellvertreter Adolf Glanzer (1889-1950), der ebenfalls Träger der Goldenen Tapferkeitsmedaille war. Nach dem sogenannten Anschluss Österreichs an das Großdeutsche Reich wurde Mathias Wassermann interessanter Weise nicht, wie die meisten anderen Träger der Goldenen Tapferkeitsmedaille ehrenhalber zum Offizier in der Reserve der Deutschen Wehrmacht befördert. Am 11. November 1939 ging er eine zweite Ehe ein und trat, offenbar wegen der Probleme, die die katholische Kirche damit hatte, am 2. Dezember 1939 aus dieser aus. Leider konnte über seine Tätigkeit während des 2. Weltkriegs oder sein Leben nach 1945 nichts Näheres in Erfahrung gebracht werden. Mathias Wassermann verstarb am 4. November 1963 in Graz. © Jörg C. Steiner, Wien |