Simon Steinberger 1874-1949 |
Simon Steinberger wurde am 25. Oktober 1874 in Dobersberg im Bezirk Sankt Veit an der Glan in Kärnten geboren. Durch den drückenden Mangel an höheren Unteroffizieren war man zu Kriegsbeginn 1914 gezwungen, auf alle im eigentlichen Dienste entbehrlichen Gendarmen, die ja ausschließlich höhere Unteroffizier und auch zur Landwehr gehörig ein Teil der Gesamten Bewaffneten Macht waren, zurückzugreifen. Meist gingen diese, mit den von ihnen gleich direkt ausgebildeten Landsturm-Männern, als Zugskommandanten an die Front. Zusätzliche Bedeutung erlangten diese Gendarmerie-Unteroffiziere nach dem Kriegseintritt Italiens durch ihre besondere Geländekenntnis. Schließlich waren sie, zusammen mit den Finanzwachleuten der Zollbehörde, oft schon jahrelang entlang dieser Grenze patrouilliert und kannten das schwierige Gelände daher bereits wie ihre Westentasche. Die Lage westlich des Plöckenpasses wurde zunehmend kritisch. Der mächtige Höhenzug, der das wichtige Valentintal im Süden begleitet - der Cellon, die Grüne Scheid, der Collinkofel, der Coglians - alle diese Bergriesen sind für die Italiener leichter zu besteigen, als für die österreichischen Verteidiger und daher fällt der Cellon gleich in den ersten Kriegstagen den Italienern in die Hände. Um die Bewegungsfreiheit im Valentintal zu erhalten und um Einblick in die Räume hinter der italienischen Linie zu gewinnen, muss also mindestens ein Gipfel wieder zurückerobert werden. Gendarmerie-Vizewachtmeister 1. Klasse Simon Steinberger war als Zugskommandant dem Landsturm-Bataillon 42 zugeteilt. Am 27. Mai 1915 meldete er sich freiwillig zur Feststellung der feindlichen Truppenstärke am Kleinen Pal, geriet hierbei in die gegnerischen Stellungen und musste sich durchschlagen. Mit wichtigen Meldungen kehrte er zurück, am Rückmarsch noch einen Schwerverwundeten bergend. Am 19. Juni 1915, als Kommandant einer Nachrichtenpatrouille auf den Colinetta-Sattel entsendet, kundschaftete er, keine Gefahr scheuend, alleine die feindlichen Stellungen auf italienischem Gebiet aus. Am 24. Juni 1915 erkletterte er die Cellon-Spitze und hielt sie mit nur sechs Mann gegen eine feindliche Übermacht. Eine Heldetat, die ihm später die Silberne Tapferkeitsmedaille 1. Klasse und die außertourliche Beförderung zum Bezirkswachtmeister einbringen sollte. Am 26. Juni 1915 drang er mit einigen Landsturmmännern, todesmutig im feindlichen Feuer kletternd, bis gegen die höchste Spitze des Cellon-Kofels (2.226 m) vor und brachte den Feind zum Rückzug, wofür er mit der Goldenen Tapferkeitsmedaille belohnt wurde. Über diese militärisch wie auch bergsteigerische Glanzleistung berichtete Fritz Weber im „Alpenkrieg“ wie folgt: „… So wird es denn nach und nach dringend, dem Angreifer hier wieder einige Gipfel zu entreißen. Als erster dieser Gipfel soll der Cellonkofel zurückerobert werden. Der Mann, der vermöge seiner Ortskenntnis einzig und allein für diese alpinistische Großtat in Betracht kommt, ist der Gendarmerie-Wachtmeister Simon Steinberger. Jahrelang hat er hier Dienst gemacht, hat auch aus freien Stücken die Gegend abgestreift und zahlreiche Gipfel erklettert. Er kennt den Cellon wie kein zweiter. Jetzt sind die Bedingungen für ein Durchklettern der Nordwand allerdings unendlich schwerer geworden. Der Feind sitzt oben, er hat den Ost- wie den Westgipfel in der Hand, er bracht bloß Steine abzulassen, um den Angreifer in die Tiefe zu schmettern. Jedes Geräusch muss also vermieden werden; und überdies muss der Aufstieg bei Nacht erfolgen, weil die Cellon-Nordostwand vom Promos her eingesehen ist. Zwei Nächte lang klettert Steinberger mit seinen fünf Begleitern, bis er endlich knapp unter dem Ostgipfel anlangt. Den Wenigen, die um die Unternehmung wissen, erscheint es, als hätte der Berg die sechs Männer spurlos verschlungen; den ganzen Tag über suchen sie mit Ferngläsern die Wände und Schluchten ab, ohne eine Spur zu finden. Aber da, am frühen Morgen des 25. Juni knattern plötzlich Gewehrschüsse vom Cellonkofel her, Explosionen von Handgranaten schüttern durch die Luft, dann wird es wieder still. Dass Wachtmeister Steinberger den Gipfel erreicht hat, ist nun sicher; ob er und seine Begleiter das Wagnis mit dem Leben bezahlten und der Berg nun endgültig verloren zu betrachten ist, weiß niemand. Es vergehen einige Viertelstunden, bis wieder Gewehrfeuer vom Cellon her aufflackert, einige Schüsse nur, zwischen Ost- und Westgipfel gewechselt. Die Angreifer leben also, das Unwahrscheinliche ist ihnen gelungen! Aber auch der Feind scheint noch einen Teil des Berges in seiner Gewalt zu haben. Diese Vermutungen werden nach und nach zur Gewissheit. Den sechs Männern ist es gelungen, den Ostgipfel zu ersteigen und die völlig überraschten Italiener zum Rückzug zu zwingen. Aber dann legen sich ihnen unüberwindliche Schwierigkeiten in den Weg. Der Feind sitzt wohlverschanzt auf dem Westgipfel; er hält den Grat unter Feuer, es muss ihm ein Leichtes sein, die paar Männer einzeln abzuschießen, falls sie ihre Deckung verlassen. Fünf Tage und Nächte verharrt Steinberger mit seinen Getreuen auf dem eroberten Posten, bis endlich Verstärkung und Nachschub kommt. Es ist auch jetzt ein tolles Beginnen, bei Nacht und schwerbepackt die Wand zu durchklettern. Aber dann vermag nichts mehr, den tapferen Kärntnern die Spitze zu entreißen. Freilich, der Westgipfel in der Hand der Alpini blieb als eine bittere Tatsache bestehen. Von hier aus sieht man bis ins Gailtal, überallhin blickt diese Felsmauer wie ein böses Auge in das Treiben hinter den österreichischen Linien. Wachtmeister Steinberger, der Mann, der nicht nur dem Andre Hofer so ähnlich sieht, sondern auch ähnlicher Gesinnung ist, begnügt sich nicht mit seinem Erfolg. Am 18. Juli versucht er, über den Grat hinweg den Westgipfel zu erreichen und die Alpini auch von dort zu vertreiben. Nach und nach ist die Besatzung des Ostgipfels auf 30 Mann angewachsen, so dass selbst einige Opfer nicht den Verlust der eroberten Stellung nach sich ziehen müssen. Doch es ist zu spät. In gewaltiger Überzahl mit Schießbedarf und Handgranaten reichlich versehen erwarten die Italiener den Angriff um ihn blutig abzuwehren. Es bleibt schließlich nichts übrig, als sich mit dem einen Gipfel zu begnügen. Noch einmal, im Frühherbst 1915, wird das Wagnis den Grat zu überqueren, unternommen. Diesmal ist es der tapfere Finanzwachebeamte Franz Weilharter, der den Überfall versucht und dabei den Heldentod findet. Mit ihm ist einer der tüchtigsten Männer des Plöckenabschnittes im Kampfe um die Heimat gefallen. Aber der Cellon-Ostgipfel bleibt ein volles Jahr in der Hand der Verteidiger Kärntens, all den unsagbaren Mühen, Gefahren und Leiden seiner Besatzung zum Trotz. Regelrechte Stellungen entstehen auf dieser Mauer, ja sogar eine kleine Drahtseilbahn führt schließlich zur Cellonalpe hinunter und versorgt die Leute auf dem Felsenhorst mit Verpflegung, Baumaterial und Munition. Ein volles Jahr, bis zu jenem unseligen 29. Juni 1916, an dem Verrat und Feigheit die Spitze dem Feinde überließen.“ Gendarmerie-Bezirkswachtmeister Simon Steinberger wird für diese außerordentliche Leistung im November 1915 durch Feldmarschall-Leutnant Lawrowski von Plöcken in Mauthern mit der Goldenen Tapferkeitsmedaille dekoriert. Im weiteren Verlauf des Krieges auch in der Alpin-Ausbildung eingesetzt, erwirbt Simon Steinberger auch noch das Silberne Verdienstkreuz mit der Krone am Band der Tapferkeitsmedaille und die Silberne Verdienstmedaille mit der Kriegsdekoration des Österreichischen Roten Kreuzes. Nach dem Krieg lässt sich Simon Steinberger mit seiner Frau und den drei Kindern in Krumpendorf am Wörthersee nieder. Zusammen mit mehreren Träger der Goldenen Tapferkeitsmedaille wurde er 1931 mit der Ehrenbürgerschaft der Stadt Klagenfurt geehrt. Bezirksinspektor Steinberger bleibt im aktiven Dienst des Landesgendarmeriekommandos von Kärnten bis zu seiner Pensionierung im Mai 1934. Wie die meisten Träger der Goldenen Tapferkeitsmedaille wird auch er nach der Besetzung Österreichs durch die Truppen Großdeutschlands, ehrenhalber, gemäß dem Tannenberg-Erlass per 12. Oktober 1939, zum Leutnant a.D. in der Landwehr der Deutschen Wehrmacht befördert. Simon Steinberger verstirbt am 27. Jänner 1949 in Krumpendorf am Wörthersee. Anmerkung: Seit 1995 vergibt die Heeresunteroffiziersakademie des Österreichischen Bundesheeres in Enns, dem Vorbild der Jahrgangsnamen der Militärakademie in Wiener Neustadt folgend, Lehrgangsnamen und so erhielt der 18. Lehrgang 2006 den Namen "Gendamerie Bezirkswachtmeister Simon Steinberger". © Jörg C. Steiner, Wien |