Karl Josef Schehl 1888-1971 |
Karl Schehl wurde am 5. Mai 1888 in Murreck im Bezirk Radkersburg in der Steiermark als Sohn eines Seilers geboren. Er wuchs in Hartberg auf, wo er auch im Kleingewerbebetrieb seines Vaters das Seilerhandwerk erlernte und später natürlich die Meisterprüfung ablegte. Bei Ausbruch des Weltkrieges rückte der immerhin schon 25-jährige Karl Schehl als Reserve-Korporal (seit 1. November 1911) zu seinem Stammregiment dem Landwehr-Infanterie-Regiment „Graz“ Nr. 3 (später in k.k. Schützen Regiment Nr. 3 umbenannt) nach Graz ein, wo er wenig später, am 16. November 1914 zum Zugsführer befördert wurde. Mit diesem Regiment macht er die dritte und vierte Isonzoschlacht am Plateau von Doberdo mit, wo er für sein tapferes Verhalten mit der Silbernen Tapferkeitsmedaille 2.Klasse ausgezeichnet wurde. Am 20. Februar 1915 erfolgte seine Beförderung zum Feldwebel, sowie am 1. April 1916 zum Stabsfeldwebel. In den harten Karpatenkämpfen holte er die Silberne Tapferkeitsmedaille 1.Klasse und im Mai 1916 in der Tirol-Offensive zum zweiten Mal die „Große Silberne“, doch seine Stunde schlug im Juni 1917 bei der Verteidigung des Monte Zebio an der Italienfront. Karl Schehl, der mittlerweile zum Offiziersstellvertreter (1. August 1916) befördert worden war, war Kommandant des zweiten Zuges der MG-Kompanie III und schildert die Umstände, die zur Verleihung der Goldenen Tapferkeitsmedaille führen sollten, folgendermaßen: „Im Jahre 1917 hatte das SchützenRgt No. 3 die Verteidigungs-Stellung des Monte Zebio in Nord Italien inne. Im Monat März gleichen Jahres hatte ich meinen 14tägigen Urlaub und als ich einrückte meldete mir mein MG.Vormeister des Res.MG., dass die Italiener gegen unsere Stellung auf Kote 1476 Stollen vortreiben. Ich meldete selbes sofort dem BaonsKommando und nach eingehender Untersuchung wurde festgestellt, dass keine Minenstollen, sondern nur Kavernen gebaut werden. Also wenn dies so festgestellt wurde sollte es doch richtig sein; als aber im Laufe der Zeit die Sprengungen schon ganz verdächtig wurden, sich immer mehr näherten und als sie sich unter unserer Stellung nach unseren Schätzungen befanden, teilten die Italiener die Bohrrichtung nach 2 Seiten. Jetzt war für uns kein Zweifel mehr, denn es kann nur mehr ein Minenstollen in Frage kommen! Diese Kuppe war damals von der 12. Feldkompanie und von dem MG-Zug, welchen ich kommandierte besetzt. Um diesen Minenstollen entgegenarbeiten zu können suchte ich also bei der 12. Kompanie um Leute an, welche mir bewilligt wurden und begann, da ich leider keine Bohrmaschinen zur Verfügung bekam, mit den Handbohrern zu arbeiten. Ich teilte die Leute so ein, dass wir Tag und Nacht arbeiteten, ohne das einer länger als 6 Stunden zu arbeiten brauchte. Ich kam zirka 6-8 m tief hinunter, wir hörten den Italiener schon sehr deutlich, ja sogar mit den Scheibdruchen fahren, da wurde ich um Sprengmaterial bittlich, denn ich wollte den Stollen sprengen. Auch dies wurde nicht durchgeführt, da es an Sprengmaterial mangelte. Der Feind hatte da er uns schon sehr nahe vermutete seine Sprengarbeiten eingestellt und begann wahrscheinlich mit dem Laden des Stollens, weil wir von einem Bohren nichts mehr hörten. Das war vielleicht Ende April. Im Monat Mai hatten wir diesen senkrechten Stollen mit der zirka 30 m rückwärts gelegenen Kaverne mit einem schmalen Stollenzug verbunden. Den senkrechten Stollen baute ich zu einem Beobachtungsstand aus und es kam der Monat Juni. Am 10.6.1917 begann zirka um 6 Uhr früh die feindliche Artillerie ihr zerstörendes Trommelfeuer auf unsere Stellungen zu streuen sodass in kürzester Zeit es unmöglich war, sich mit dem BaonsKommando welches zirka 3-400 m rückwärts lag zu verständigen, da das Telephon schon gänzlich zertrümmert war und einen Melder hinunter zu senden zwecklos gewesen wäre. Es blieb uns weiter nichts übrig, als sofort die Kavernen aufzusuchen und das Schicksal abzuwarten. Ich hatte damals 3 MGs bei meinem Zug. Das rechte MG befand sich gerade ober dem Stollen aber durch den Stollengang zurück in der großen Kaverne. Das 2. MG in der Kompanie-Kaverne und das 3. MG am linken Flügel der Kompanie. Ich befand mich zur Zeit des Trommelfeuers beim 3. MG, da ich von dort den besten Überblick hatte verblieb ich auch dort. Ich konnte von hier die ganze Stellung beobachten. Um zirka 4 Uhr nachmittags setzte momentan das Trommelfeuer aus, ein Zittern durchlief den ganzen Berg und als wir uns im Klaren waren, war die Sprengung vorüber. Vorüber mit der ganzen Arbeit, der schön ausgebauten Stellung und unseren guten Kameraden! Ich sah, dass am rechten Flügel die Stellung verschwunden war, sah wie der Italiener vorstürmte, nahm sofort das noch mir zur Verfügung stehende MG aus der Stellung und wechselte meine Stellung und riegelte die Einbruchstelle ab. Holte sofort das 2. MG brachte es in Stellung und beide MGs schossen was sie hergaben. Die Reserven griffen ein, ein schneidiger Gegenstoß und wir besetzten sofort den entstandenen Trichter. Die verschütteten Leute wurden bis auf 2 Mann alle wohl geborgen, in dieser Kaverne befanden sich 33 Mann. Durch den senkrechten Stollen hatte die Sprengung nicht diese Wirkung erzielt, da sie dort abriss. Die Kaverne war wohl beim Eingang verschüttet, die Wände sowie die Polzbäume zerbrochen, aber nicht zusammengestürzt. Für diese Tat wurde ich am 26. Juni 1917 von Sr.M. Kaiser Karl mit der Goldenen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet. 10.9.1936 sign. Karl Schehl“ Dieser Bericht wird durch den knappen Belohnungsantrag aus dem Kriegsarchiv weitgehend bestätigt. Durch dieses umsichtige Verhalten und die rasch durchgeführte Verteidigung konnte der gesamte Angriff abgewiesen werden, wohl ein Grund dafür, dass Schehl nicht nur mit der Goldenen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet wurde, sondern ihm diese auch persönlich von Kaiser Karl anlässlich eines Besuches beim Regiment im Galmararatal an die Brust geheftet worden ist, was als zusätzliche höchste Auszeichnung galt. Der einschlägigen Allerhöchsten Anordnung zufolge, wonach Besitzer der Goldenen Tapferkeitsmedaille nach Möglichkeit von der Front abzuziehen wären um ihr Vorbild und ihre Erfahrung in der Ausbildung nutzen zu können, wurde Offizierstellvertreter Schehl zum Ersatztruppenkörper versetzt und bis zu Kriegsende als Ausbilder eingesetzt. Wahrscheinlich ein Grund warum dieser umsichtige und schneidige Unteroffizier den Krieg wohlbehalten überstand. Nach dem Krieg heiratete er und arbeitete weiter im elterlichen Betrieb, den er 1925 als Seilermeister übernahm. Ein Jahr später, am 30. Dezember 1926, wurde dem jungen Paar ein Sohn geboren. Im März 1938 findet er sich auf der Liste jener Personen, die Medaillenzulage für eine Goldene Tapferkeitsmedaille beziehen noch immer mit der Adresse Hartberg-Ungarvorstadt. Wie viele andere Träger der höchsten Tapferkeitsauszeichnung wurde er 1939 ehrenhalber zum Leutnant in der Deutschen Wehrmacht ernannt und vom 3. März bis zum 29. Juni 1940 zur Ausbildung zum III./Gebirgs-Jäger-Regiment 138 eingezogen. Nach weiterem Einsatz vom 27. Oktober 1941 bis 31. August 1942 wurde er, mit Wirkung vom 1. August 1942, zum Oberleutnant der Landwehr befördert und vorerst entlassen. In den letzten Kriegsmonaten erfolgte noch eine Verwendung beim Volkssturm, die er gottseidank unbeschadet überstand. Am 7. Mai 1971 ist Karl Schehl, 2 Tage nach seinem 83sten Geburtstag, in Hartberg verstorben. © Jörg C. Steiner, Wien |