Franz Plöderl 1882-1945(?) |
Franz Plöderl wurde am 22. April 1882 in Altlengbach bei Wien als Sohn des „Hausbesitzers und Steinmetz-Polier“ Franz Plöderl und seiner Frau Juliana (geb. Schöffel) geboren. Er wurde von seinem Zivilberuf als Buchhalter bei einer Bank zu Kriegsbeginn als Kadett der Reserve zum 2. Bataillon des k.u.k. Infanterie Regiments Nr. 18 eingezogen. Als das Regiment Anfang November 1914 in der Nähe des Ortes Bratunac (Bosnien) die Drina erreichte, war Franz Plöderl bei der 6. Kompanie als Zugskommandant eingeteilt. Das 2. Bataillon hatte die Aufgabe, die Drina unter allen Umständen zu übersetzen und die am anderen Ufer gelegene serbische Stadt Ljubovia zu besetzen. Die 6. Kompanie übersetzte in der Nacht vom 6. auf den 7. November 1914 als erste den Fluss und Kadett Plöderl wurde für die dabei erbrachte außerordentliche Leistung für die höchste Tapferkeitsauszeichnung eingegeben und dafür mit der Goldenen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet. Auf Wunsch der Hauptleitung des Vereines „Ring der Goldenen Tapferkeitsmedaille“ verfasste er im Sommer 1936 einen Bericht über die Umstände, die zur Verleihung dieser höchsten Auszeichnung geführt hatten. „Das Inf.Baon II/18 kam aus den Gefechten auf der Romanja Planina und war auf dem Marsche an die Drina begriffen über die Orte Han Pjesak, Han Gromile, Vlasenica, Nova Kasaba, als unsere Marschkompanie die kurze Zeit als Stabskompanie beim XVI. Korpskommando (General Wurm) fungierte, zum Baon stieß und dort aufgeteilt wurde. Ich war damals Kadett und erhielt meine Einteilung als Zugskommandant bei der 6. Kompanie (Kmdt. Lt. Pour). Nach einem 10-stündigen Tagesmarsch kamen wir am 6. November 1914 in die Gegend von Bratunac an der Drina. Das Baon hatte die Aufgabe, dort um Mitternacht auf herangeschafften Pontons unter allen Umständen die dort ungefähr 200 Schritte breite Drina zu übersetzen, die gegenüberliegende serbische Ortschaft Lubovija zu nehmen, den Telegraf zu zerstören und eine Höhe in der Nähe zu nehmen, um von dort aus das Schlagen einer Kriegsbrücke zu ermöglichen und zu schützen. Meine Kompanie sollte als erste den Übergang versuchen. Zur selben Zeit sollte, während unser Bataillon die Aufmerksamkeit der Serben von der Umgebung ab und auf sich lenken sollte, 1.000 Schritte weiter nördlich (bei der Finanzwachkaserne) eine andere aus mehreren Baonen bestehende Gruppe möglichst ungefährdet die Drina überschreiten. Unser Baon kam gegen 11 Uhr nachts an die Drina, wobei die Pontos von unserer Mannschaft von der ziemlich weit entfernten Straße ans Ufer getragen werden mussten um an dem steilen Ufer auf Brettern ins Wasser gelassen zu werden. Friedlich leuchteten die Sterne am Himmel, kein Laut war zu hören, ruhig lag auch das Flussufer da. Aber in dem Augenblick, als die Pontos ins Wasser rutschten, erhielten wir plötzlich ein rasendes Feuer aus Gewehren, Maschinengewehren und Geschützen, sodass wir schon am diesseitigen Ufer, welches gar keine Deckung bot, starke Verluste hatten, während wir, da sich am serbischen Ufer eine bewaldete Höhe hinzog, gar keine Ziele hatten. Die Leute unserer erst neu aufgestellten Marschkompanie, die hier ihre Feuertaufe erhielten, brachten Verwirrung ins Baon – es schien auch tatsächlich unmöglich, in diesem wütenden Kugelregen unsere Aufgabe auszuführen und das feindliche Ufer zu erreichen. Da sprang ich in einen zweigliedrigen Ponton und nach ungefähr einer halben Stunde hatte sich, durch meine Zurufe und durch mein Beispiel aufgemuntert (ich stand im ärgsten Kugelregen aufrecht im Ponton und forderte die Leute der 6. Kompanie auf, ihre Pflicht zu tun und mir zu folgen) gegen 40 beherzte Männer gefunden, die mit mir, den sicheren Tod vor Augen, die Überfahrt wagen wollten. Wir kamen wegen der ziemlich starken Strömung und in dem hageldichten Kugelregen nur langsam vorwärts, hatten im Ponton auch bereits mehrere Tote und Verwundete, während auch die Wände des Pontons langsam aber sicher Ähnlichkeiten mit einem Sieb bekamen. Wir hielten auf eine kleine, durch einen schmalen, seichten Wasserarm vom serbischen Ufer getrennte bewaldete Insel zu, die allerdings auch sehr stark besetzt war, wie sich dann herausstellte, von einer vielfachen Übermacht, die noch dazu jeden Fußbreit Boden kannte, besonders Komitatschis, die sehr gut mit Gewehren und Handgranaten, welch letztere uns vollständig mangelten, bewaffnet waren. Als der Ponton nur mehr 30 bis 40 Schritte vom Inselufer entfernt war, sprang ich, meinen serbischen Karabiner, den ich mir schon vorher in Zwornik genommen hatte, hoch haltend mit lautem „Hurrah, Burschen mir nach!“ in das eiskalte Wasser und strebte, von einem wütenden Geheul und einem Hagel von Handgranaten und Kugeln empfangen, dem Ufer zu, während meine kleine Schar, unter der sich besonders ein Zugsführer hervortat, mir brav folgte. Am Ufer angelangt bildete ich mit den wenigen Leuten sofort Schwarmlinie, während ein Geheul und Geknatter und Getöse losbrach wie in einem Hexenkessel. Da spürte ich auch schon einen furchtbaren Stoß im Gesicht, der mich umwarf; ich sprang aber sofort wieder auf, spürte es aber warm am Hals herunter fließen. Ich hatte einen Handgranatensplitter an den Unterkiefer bekommen, welcher aber zum Glück nicht die Schlagader getroffen hatte und nicht allzuviel Schaden stiftete; es war nur ein tüchtiger Aderlass. Übrigens hatte ich gar keine Zeit mich um mich selbst zu kümmern, denn schon ging ein mörderisches Handgemenge, eine richtige Rauferei, mit der vielfachen Übermacht los, an der ich mich wacker beteiligte und gar manchen Serben ins Jenseits beförderte. Doch diese schienen wie aus der Erde zu wachsen, immer wehr warfen sich uns entgegen, während mein Häuflein immer mehr zusammenschmolz. Und weiter geht der Kampf – da auf einmal, ein kritischer Augenblick – mein Häuflein beginnt zu weichen und wird, so ist es zu befürchten, in den Fluss zurückgedrängt, da werfe ich mich ihnen entgegen und rufe ihnen aufmunternde Worte zu ... Gott sei Dank ... noch habe ich meine kleine tapfere Schar in der Hand, sie hält stand und wie die Wilden gehen sie wieder los – und wir hielten stand – viele, viele Stunden lang .... Meine Schar wird immer kleiner, aber auch im Wäldchen hören wir die verwundeten Serben jammern und um Schonung wimmern – und als die Morgendämmerung kam, zogen sich die überlebenden Feinde zurück; es war höchste Zeit für sie, denn schon hatte ein Teil der Gruppe, deren Übergang wir zu decken hatten ca. 1.000 Schritte weiter nördlich ohne einen Schuss abzufeuern die Drina überschritten! Die Serben hatten sich durch unsere Hartnäckigkeit irreführen lassen und die Aufgabe, die das Baon hatte, war von mir mit meinen wenigen Leuten allein gelöst worden. Das geopferte Leben so manches meiner Braven und unser Blut hatte vielen anderen das Leben gerettet und den Boden vorbereitet zu weiteren siegreichen Vorgehen. Ich erstattete dem Baons-Kommandanten Major Novak und dem anwesenden Brigadier des Regiments Oberst Schwanda Meldung und ließ meine Wunden am Hilfsplatz verbinden. Von meinen braven Leuten haben nur fünf dieses Gefecht überlebt und diese waren auch sämtliche verwundet. Bregenz am 8. August 1936 Franz Plöderl (sign.)“ Aufgrund seiner dabei erhaltenen schweren Verwundungen – am Unterkiefer durch den Splitter einer Handgranate und einen Durchschuss durch den rechten Ellenbogen, was eine teilweise Versteifung zur Folge hatte - wurde Franz Plöderl zur Ausheilung nach Vorarlberg kommandiert. Am 18. September 1915, bei strahlendem Sonnenschein wie die Lokalpresse schrieb, fand im Hof des Justizpalastes in Bludenz, die feierliche Überreichung der Goldenen Tapferkeitsmedaille an den „zurzeit der Militärzensurkommission hier zugeteilten Leutnant Franz Plöderl des 18. Inf.Rgt.“ statt, die amtliche Veröffentlichung im Verordnungsblatt erfolgte überhaupt erst am 6. Oktober 1915. In weiterer Folge wurde Leutnant der Reserve Plöderl als Ausbildner nach Feldkirch abkommandiert. Am 11. Juni 1918 heiratete er in Rankweil Fräulein Wilhelmine Loacker. Seine militärische Karriere beendete er im Jänner 1919 als Oberleutnant der Reserve. Nach dem Krieg erhielt Plöderl wieder eine Stelle als Buchsachverständiger bei einer Bank. Im Jahre 1921 wurde sein Sohn geboren, jedoch seine Frau starb und darüber hinaus wurde er auch noch per 31.12.1924 aufgrund der Wirtschaftskrise von seiner Bank „abgebaut“. In seiner Not musste er seine Goldene Tapferkeitsmedaille verkaufen und übersiedelte nach Bregenz. Da Plöderl keine Möglichkeit fand, eine neue Stelle zu bekommen, brachte er sich und seinen Sohn mehr schlecht als recht als selbständiger Buchhalter über die Runden. In Bregenz war er zumindest nachweislich bis zum 2. Weltkrieg als Buchsachverständiger und Ausgleichs- bzw. Masseverwalter tätig. Über sein Leben ist, nach verfassen dieses Berichtes im August 1936, leider nichts bekannt. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg versuchte der „Ring der Goldenen Tapferkeitsmedaille“ den Verbleib seiner Mitglieder zu ermitteln und führte Franz Plöderl im 5. Rundbrief vom 25. Oktober 1945 in der Liste der Verstorbenen/Gefallenen 1939-1945, jedoch ohne ein genaues Datum, an. Jede zusätzliche Information wäre höchst willkommen! © Jörg C. Steiner, Wien |