Stefan von Grosschmid 1891-1977 |
Stefan von Grosschmid wurde am 5. Mai 1891 in Budapest geboren. Am 12. August 1911 trat er in die k.u.k. Kriegsmarine ein, wo er im Juni 1914, unter gleichzeitiger Beförderung vom Seekadetten zum Seefähnrich, zum Dienst auf der S.M.S. „St. Georg“ eingeteilt wurde. Doch ein Bordkommando war nicht seine Sache. Er meldete sich zur Ausbildung als Seeflieger und wurde rasch einer der talentiertesten jungen Piloten dieser neuen Marinewaffe. In rascher Folge wurde er, jeweils für „tapferes Verhalten als Flieger vor dem Feind“ mit der bronzenen Militär-Verdienstmedaille (Signum Laudis) im Mai 1916, dem Militär-Verdienstkreuz im Juli 1916 und neuerlich mit der silbernen Militär-Verdienstmedaille im April 1917 ausgezeichnet. Alle drei Auszeichnungen mit Kriegsdekoration und Schwertern natürlich. Am 12. Juni 1916 erschienen der italienische Zerstörer „Zeffiro“, die Torpedoboote „40PN“ und „46OS“, „Fuciliere“ und „Alpino“ und beschossen den Hafen Parenzo (kroat. Poreč) mit dem Ziel die neu errichtete Seeflugstation zu lokalisieren und evtl. auszuschalten. Die Ferndeckung bildeten „Rossarol“, „Pepe“, „Nullo“ und „Missori“. Der provisorische Kommandant der Flugstation, Fregattenleutnant Stefan von Grosschmid lag noch in seinem Bett, als er gegen fünf Uhr in der Früh durch Geschützfeuer geweckt wurde. Sofort organisierte er die Verteidigung der Station. Er erteilte den Befehl: „Den Feind – ein jedes Flugzeug die ihm nächst zu erreichende Einheit – direkt, rücksichtslos angreifen, dies ohne vorheriges Kreisen zwecks Erlangung der Minimalangriffshöhe von 300 m, und nicht lockerlassen, solange Sie Munition haben. Heimkehren, ergänzen und wieder angreifen!“ Während die Piloten ihre Flugzeuge unter starkem Beschuss der feindlichen Kriegsschiffe klar machten, erwiderte das einzige Geschütz von Parenzo, ein Luftabwehrgeschütz Skoda 7 cm/L50 das Feuer. Die Flugboote L111 (Fliegermaat Schachinger/Seekadett Dobhoff) und L115 (Fliegermeister Molnár/Stabsmaschinenwärter Geier) setzten zum Gegenangriff an. Fregattenleutnant von Grosschmid selbst bestieg, zusam-men mit Stabsmaschinenmeister Dreywurst, das Lohner-Flugboot L116. Während er den Zerstörer unter Beschuss nahm, wurde er mehrmals getroffen, erhielt einen Volltreffer am Bug und im Stabilisatorengestänge. Trotzdem kehrte er erst zurück, als seine gesamte Munition und seine Bomben verbraucht waren. Nach einer provisorischen Reparatur startete Grosschmid erneut und griff die bereits auf dem Rückweg befindliche Gruppe aus 800 m Höhe mit mehreren Bomben erneut an. Dabei erhielt er einen Volltreffer in die rechte Flügelverspannung, das Hauptkabel traf dabei beide Piloten in die Brust. Es folgten weitere Treffer in die Tragfläche, und so musste Fregattenleutnant von Grosschmid umkehren. Während auf österreichischer Seite keine Verluste zu verzeichnen waren, waren auf „Zeffiro“ fünf Mann gefallen und elf verletzt worden. In Rauch und Qualm eingehüllt musste der italienische Zerstöre, beschädigt den Heimathafen anlaufen. Großadmiral Anton Haus stimmte dem Vorschlag des Leiters des Seeflugwesens, Linienschiffsleutnant Franz Mikuleczky zu, Fregattenleutnant von Grosschmid, nach dieser schneidigen Tat, zum Kommandanten der Seeflugstation Parenzo zu ernennen, obwohl einige Ranghöhere damit übergangen wurden. Ende September 1918 erhielt Stefan von Grosschmid den Orden der Eisernen Krone 3. Klasse mit Kriegsdekoration und Schwertern für „tapferes und erfolgreiches Verhalten als Flieger vor dem Feind“. Zu Kriegsende Linienschiffsleutnant, lies er sich in seiner Heimatstadt Budapest nieder, von wo er sich 1925 mit folgendem Schreiben an das Kapitel des Militär-Maria Theresien-Ordens wandte: „Budapest, den 26. Dezember 1925 - Ich ersuche auf Grund der von mir durchgeführten und im beigeschlossenen Tatbestande niedergelegten Aktion mir das Ritterkreuz des hohen Ordens gütigst zuerkennen zu wollen. Es sei mir erlaubt anzuführen, dass infolge der prekären Nachkriegszeit, die mich zu wiederholten längeren Aufenthalten in verschiedenen Weltteilen, bzw. Ländern, teils als Seemann, teils als Verkehrsflieger, gezwungen hatte, ferners infolge der erfolgten Dislozierung meiner Zeugen, ich mich jetzt erst in der Lage versetzt sehe, im Sinne meines bereits lange gefassten Entschlusses, mein Gesuch samt den erforderlichen Belegen zu unterbreiten. - sign. Stefan von Grosschmid“ Die an der oben geschilderten Aktion vom 12. Juni 1916 beteiligten Unteroffiziere, Fliegermaat Schachinger, Fliegermeister Molnár und Stabsmaschinenwärter Dreywurst, sowie der Kommandant des Küstenabschnitts von Parenzo Fregattenkapitän Karl Veltzé, der Kommandant der Seeflugstation Pola Linienschiffsleutnant Hugo Stenta und der Leiter des Seeflugwesens Linienschiffsleutnant Franz Mikuleczky stellten Grosschmid die erforderlichen Gutachten und Zeugnisse aus. Im 12. Ordenskapitel vom 25. Oktober 1927 wurde Linienschiffsleutnant Stefan von Grosschmid die Goldene Tapferkeitsmedaille für Offiziere zuerkennt. Drei Offiziere sprachen sich sogar für die Verleihung des Ritterkreuzes aus, jedoch war der Mehrheit klar, dass Grosschmid zwar sehr schneidig und initiativ gehandelt hatte, es als provisorischer Kommandant der angegriffenen Flugstation jedoch schlicht seine Pflicht war diese mit allen Mitteln zu verteidigen. Stefan von Grosschmid war jedoch mit diesem Ergebnis nicht zufrieden und ging in die Revision, legte neue Zeugnisse und Urteile vor, bemühte sogar den ehemaligen Luftfahrtruppen-Inspektor Generaloberst Erzherzog Joseph Ferdinand, der dazu unter anderem meinte: „…Rein fliegerisch war die Leistung Grosschmids eine hervorragende, die nur bei seiner hohen Fachmannschaft gelingen konnte, von der ich übrigens im Fluge mit ihm in heikler Situation mich persönlich zu überzeugen Gelegenheit hatte.“ Auch der ehemalige Leiter des Seeflugwesens Franz Mikuleczky erweiterte sein Gutachten entscheidend zu Gunsten Grosschmids und schrieb unter anderem: „…Wäre der Überfall auf Panrenzo gelungen, so wäre damit der Bann gebrochen und unsere Überlegenheit zur See, vielmehr zur Luft über See, arg gefährdet, wenn nicht mit einem Schlage vernichtet worden.“ Das 13. Ordenskapitel wurde also neuerlich mit dem Fall befasst und neuerlich entschied eine Mehrheit von 9 zu 5 Offizieren gegen seine Aufnahme in den Orden. Am aussagekräftigsten fasste Major Freudenseher die neuerliche Ablehnung zusammen: „Keine neuen Momente, die eine andere Beurteilung ermöglichen, hinzugekommen. Ordenswerber hatte als damaliger Kmdt. des Seeflughafens Parenzo die unbedingte Pflicht einzugreifen. Ein untätiges Zusehen, wie der Ort durch den Gegner in Grund und Boden geschossen worden wäre, könnte wohl niemals verantwortet werden. Diese Pflicht wurde durch den Ordenswerber heldenhaft erfüllt (daher auch mit der Goldenen Tapferkeitsmedaille für Offiziere gewürdigt), eine Ordenswürdigkeit erscheint nicht gegeben.“ Wie bereits in seinem Schreiben aus dem Jahre 1925 angedeutet, war Stefan von Grosschmid auch nach dem Krieg der Fliegerei treu geblieben. Sein ziviles Piloten-Diplom Nr. 259 vom ungarischen Aero-Club war am 10. Dezember 1917 ausgestellt worden. Damit flog er zuerst als Pilot bei der ungarischen Gesellschaft Aeroexpress, später war er für rumänische und französische Fluggesellschaften tätig. Nach der Verleihung der Goldenen Tapferkeitsmedaille für Offiziere wurde er am 26. Juni 1929 in den, vom ungarischen Reichsverweser Großadmiral Horthy gestifteten, Vitéz-Orden aufgenommen und durfte daher auch dieses Adelsprädikat führen. Ab 1931 als Flugleiter in Mátyásföld tätig, wurde er am 23. September 1936 Direktor der ungarischen Luftverkehrsgesellschaft MALERT (Magyar Légiforgalmi Rt.). In dieser Eigenschaft unterschrieb er 1941 ein Memorandum in welchem die Arbeit des Ministeriums heftig kritisiert wurde. Darauf hin wurde er verhaftet und vor ein Militärgericht gestellt, dass in jedoch 1943 freisprach und ihn in seine alte Funktion wieder einsetzte. Nach dem Einmarsch der sowjetischen Truppen setzte er sich in den Westen ab und lies sich schließlich in Kanada nieder, wo er eine Anstellung als Mitarbeiter der IATA (International Air Transport Association) fand. Stefan von Grosschmid verstarb am 5. Mai 1977 in Toronto (Kanada). © Jörg C. Steiner, Wien |