Franz Dueller

1890-1945

 

Franz Dueller wurde am 14. Mai 1890 in Villach (Kärnten) geboren. Er absolvierte in Pola die k.u.k. Maschinenschule und trat am 18. September 1908 in die österreichisch-ungarische Kriegsmarine als Berufsunteroffizier in der Maschinistenlaufbahn ein. Gleich nach Beginn des Krieges heiratete er und dem jungen Paar wurde am 25. Dezember 1917 die Tochter Valerie geboren. Im Jahre 1918 tat Stabsmaschinenwärter Dueller als Kommandant einer der Kesselräume der S.M.S. „Szent Istvan“ Dienst. Beim Angriff auf die Otranto-Sperre am 11. Juni 1918 wurde dieses Schlachtschiff von italienischen MAS-Booten versenkt. Für sein vorbildliches Verhalten während des Unterganges wurde Franz Dueller, der zu den Wenigen gehörte, die diesen Untergang überlebten, am 25. Oktober 1918 mit der Goldenen Tapferkeitsmedaille dekoriert.

Nach Aufforderung der Hauptleitung des „Rings der Goldenen Tapferkeitsmedaille“ verfasst Franz Dueller am 20. April 1937 einen Bericht über den Untergang der S.M.S. „Szent Istvan“, der in deren Akten verblieb und, nachdem diese vom Autor erworben wurden, in der Zeitschrift „Das militärhistorische Archiv“ in der Ausgabe 1/1994 erstmalig veröffentlicht wurde. Auch diente dieser Bericht als Grundlage einer internationalen TV-Dokumentation aus dem Jahre 2007 über den Untergang der S.M.S. „Szent Istvan“ mit der noch lebenden Tochter die mit dem Original dieses Berichtes in Händen vorspielen musste, sie hätte ihn im Wiener Kriegsarchiv gefunden!

Wir fuhren am 9. auf den 10. Juni 1918 vom Kriegshafen Pola (S.M.S. ‚Szent Istvan’), vereint mit S.M.S. ‚Tegetthoff’. Sowie Torpedobootzerstörer und Torpedoboote, welche zur Deckung genannter Großkampfschiffe dienten, aus, um Anschluss zu unserem Geschwader zu suchen, da eine Aktion der Alliierten – Engländer, Franzosen und Italiener – im südlichen Adriatischen Meer (Straße von Otranto) geplant war. Dieses Großkampfschiffe (Dreadnought-Klasse) hatten eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 21 Seemeilen (1887 m pro Seemeile). Eine Armierung von vier Stück drehbaren Driplextürmen, zu je drei Stück 30,5 cm Geschütze, drehbar um 180°, außerdem beiderseits, Back- und Steuerbord, Reduis zu 15 cm Geschützen, sowie am Oberdeck viele Schnellfeuer- und Flugzeugabwehr-Kanonen und mehrere Torpedolancierapparate. Nach einigen Stunden Fahrt wurden wir von feindlichen Torpedolancierbooten angegriffen, welcher Angriff schließlich der ‚Szent Istvan’ zum Verhängnis werden sollte.

Ich hatte die Oberaufsicht im achtern Kesselraum und versah zur kritischen Zeit Dienst. Ich war dort sowohl militärisch als auch technisch vollkommen selbständig, zumal die Kesselräume gegenseitig, sowohl vom Maschinen- als auch vorderen Kesselraum durch Querschotte abgeschlossen sind. Es war daher eine Verständigung mit den anderen Räumen nur mittels Fernsprecher möglich. Die mir unterstellte Mannschaft bestand aus 6 Unteroffizieren, 24 Heizern und 24 Kohleförderern. Als wir ungefähr auf der Höhe zwischen Zara und Sebenico, mehrere Seemeilen vom Lande entfernt, waren, wurden wir um ¾ 4 Uhr morgens durch zwei feindliche Torpedos torpediert. Die Torpedierung erfolgte durch ein italienisches Gleitboot, welches durch zwei Fiatmotoren angetrieben wird und eine Geschwindigkeit von 45 Seemeilen pro Stunde entwickelt. Infolge dieser großen Geschwindigkeit und der kleinen Bauart konnte dieses Gleitboot trotz sofortiger Beschießung – da kein richtiges Ziel zu sehen war – entkommen. Außerdem waren auch mehrere feindliche U-Boote in der Nähe, welche versuchten, unser Schiff durch neuerliche Torpedoangriffe sofort zum Sinken zu bringen. Dies misslang ihnen jedoch durch die intensive Abwehr unserer Torpedoboote.

Auch S.M.S. ‚Tegetthoff’ war durch ein feindliches Torpedo getroffen worden, welches aber glücklicherweise nicht explodierte. Wir wurden von S.M.S. ‚Tegetthoff’ ins Schlepptau genommen. Von diesem Vorhaben musste jedoch sofort wieder Abstand genommen werden, da neuerliche Angriffe seitens feindlicher U-Boote erfolgten.

Unser Schiff hatte einen Tiefgang von 10 Meter und die beiden Volltreffer waren in circa 8 Meter Tiefe angebracht worden, wo keine Panzerung mehr war. Es wurden die dreifachen Zellenböden durchgerissen. Infolge dieser zwei großen Lecks, welche nahezu 8 m² aufwiesen, strömten große Wassermengen in das Innere des Schiffes, was zur Folge hatte, dass sich dieses sofort zu neigen begann. Das erste Torpedo traf Steuerbord, gerade im achtern Kesselraum (wo ich, wie schon erwähnt, gerade Dienst versah), der zweite traf circa die Querschotte der beiden Kesselräume. Ich setzte sofort mir alle zur Verfügung stehenden Hilfsmaschinen und Pumpen in Betrieb (stellte alle Ventile auf großen und kleinen Drainage), obwohl ich bereits bis an die Brust im Wasser stand. Sofort setzte ich mich mit dem vorderen Kesselraum in Verbindung. Im Vorderen Kesselraum war Stabsmaschinenwärter Josef Hofer als Leiter und berichtete ihm über den Zustand meiner Kesselgruppe, welche bereits nicht mehr betriebsfähig war, da der Wasserstand daselbst bereits 2 Meter Höhe erreicht hat. Die Verständigung gab ich auch in den Maschinenraum, wo die notwendigen Anordnungen getroffen wurden um mit den dort zur Verfügung stehenden Hilfsmaschinen das eindringende Wasser abzupumpen. Des Weiteren mussten die Hauptdampfleitungen der defekten Kesselgruppe ausgeschaltet werden um dadurch die vordere Kesselgruppe im Betrieb erhalten zu können. Sämtliche Sicherheitsventile wurden gelüftet um den hohen Kesseldruck, 21 Atm., entweichen zu lassen, um ein noch größeres Unheil zu verhindern.

Durch die Explosion der Torpedos wurden auch die Dampfleitungen defekt, was schwere Verbrennungen der Mannschaft zur Folge hatte und die weiteren Arbeiten schwer behinderte. Die mir zur Verfügung stehende Mannschaft arbeitete heldenhaft und mit Todesverachtung; und viele davon fanden dabei den Heldentod oder wurden irrsinnig. Dem unerschrockenen und heldenhaften Benehmen dieser braven Maschinenmannschaft ist es zu verdanken, dass das Schiff 3 Stunden gehalten werden konnte, was schließlich die Rettung der Schiffsbesatzung ermöglichte.

Durch das Umkippen des Kolosses wurde (es) der Maschinenmannschaft, welche in den unteren Räumen ihren Dienst versah, nicht mehr möglich, aufs Oberdeck zu kommen, da ein Gehen und Stehen im Schiff infolge des starken Neigung bereits unmöglich war. Außerdem war es im Schiffsinneren finster, da das elektrische Licht versagte. Die Leute verloren die Orientierung und die wenigen Glücklichen, welche sich noch aus dem Schiffsinneren heraus retten konnten, fanden dort einen neuen Feind vor. Das Schiff stand Kiel nach oben. Dieses war mit kleinen giftigen Muscheln voll bewachsen, es gab keinen Halt für die Schiffsbrüchigen, sie wurden heruntergeschleudert und dabei durch die scharfen Muscheln schwer verwundet.

Ich selbst konnte mich durch Schwimmen, obwohl ich schwer verwundet war, retten. Wurde von einem Torpedoboot aufgefischt und nach Sebenico in das Spital abgegeben wo ich sechs Wochen in Behandlung bleiben musste. Die gerettete Mannschaft, welche das Glück hatte früher das Schiff zu verlassen und dabei nicht verwundet wurde, war durch die Flottille und Transportdampfer nach Pola gebracht worden. Der Mannschaftsstand der ‚Szent Istvan’ betrug 1.400 Mann, wovon immerhin eine ansehnliche Zahl durch die Torpedierung den Heldentod im nassen Grab der Adria fand.

Nach dem Krieg blieb Franz Dueller mit seiner Frau und der langsam auf fünf anwachsenden Kinderschar, in Villach wohnhaft, wo er eine Stelle als Lokomotivführer bei der österreichischen Bundesbahn gefunden hatte. In Würdigung seiner Verdienste wurde er zum Ehrenbürger der Stadt Villach ernannt.

Nach dem sogenannten Anschluss Österreichs an das Großdeutsche Reich wurde er nach dem „Tannenberg-Erlass“ ehrenhalber zum Offizier in der Deutschen Kriegsmarine befördert. Im Zweiten Weltkrieg, als Reservist eingezogen, fand er als Kurier der Marineleitung Verwendung reiste von Danzig bis Saloniki, sowie von Rostock bis Odessa, war ständig unter widrigsten Umständen unterwegs. Diese Strapazen, wenn auch nicht im eigentlichen Fronteinsatz, forderten schließlich ihren Tribut, am 28. Mai 1945 nur wenige Wochen nach Ende des Krieges, erlag Franz Dueller einem Herzinfarkt in seinem Haus in Villach. Er hatte seinen 55. Geburtstag also nur um 14 Tage überlebt.

© Jörg C. Steiner, Wien

 

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