Josef Baschtarz

1891-1947

 

Josef  Baschtarz wurde am 21. Februar 1891 in Wien geboren und römisch-katholisch getauft. Nach Absolvierung seines EF-Jahres trat er als Rechungspraktikant in den Dienst der Stadt Wien. Bei Ausbruch des Krieges wurde er in Rang eines Kadettaspiranten der Reserve zum k.u.k. Infanterie Regiment Nr. 100 ins 3. Baon einberufen. Im September 1914 wurde Josef Baschtarz, mit dem Rang vom 4. August 1914, zum Fähnrich der Reserve ernannt. Für eine Tat am 13. Juni 1915, als Zugskommandant in der 12. Feldkompanie, konnte er sich als erste Auszeichnung gleich die Goldene Tapferkeitsmedaille erringen.

Als die Hauptleitung des Vereins "Ring der goldenen Tapferkeitsmedaille" Ende der 1930er Jahre ihre Mitglieder aufforderte einen ausgefüllten Fragebogen einzuschicken inklusive einer Beschreibung der Waffentat, die zur Verleihung der Goldenen Tapferkeitsmedaille geführt hatte, lieferte er am 3.4.1937 folgenden Bericht ab:

"Es war der 13. Juni 1915 als ich als Zugskmdt. der 12/100. Feldkomp. östlich von Kalnikov stand, wo wir in einem Bachrideau eingegraben waren. Vor uns auf ca. 50 Schritte war eine kleine Bodenwelle von vielleicht 20 m, in welcher die Russen 3 Etagenstellungen inne hatten, die mit Drahthindernissen gesichert waren. An diesem Tage hatte die Armee Mackensen, der das VI. K.u.K. Korps damals angehörte, den Gegner zu werfen und zu verfolgen. Von 6-7 Uhr sollte das Artilleriewirkungsschiessen dauern und um 7 Uhr hatten wir vorzugehen. Die Artillerie wirkte zusammengefasst auf den feindlichen Stützpunkt Chotinec, der ca. 3 km links von uns lag, sodass während dieser Zeit kaum ein Artillerieschuss in die uns gegenüber befindliche Stellung der Russen abgegeben wurde, wodurch es dem Gegner möglich war, uns aus seinen Etagenstellungen derart unter wirksames Feuer zu nehmen, dass bis zu Beginn des Infanterieangriffes unter anderen auch der Baons-Kmdt. und die Komp-Komdtn der Nachbarkompanie verwundet waren. Mein Komp-Kmdt musste das Baon, ich selbst die Komp. übernehmen.

Als wir um 7 Uhr befehlsgemäss zum Sturm vorgingen, schlug uns eine so heftige Feuerwelle entgegen, dass wir uns sofort eingraben mussten. Wie es uns ergangen, erging es auch im Walde der Honved, nur dass hier die Russen im Gegenstoss die Honved  in die Ausgangsstellung zurückwarfen. Auch auf Chotinec war der Angriff nicht durchgedrungen. Die Komp. in die Ausgangsstellung zurückzuführen wäre nur unter neuerlichen schweren Verlusten möglich gewesen. Daher hiess es ausharren. Nochmals setzten unsere Angriffe auf Chotinec ein; sie brachen vor den Drahthindernissen zusammen. Ein versuchter Angriff der Honved kam schon über die eigene Stellung nicht hinaus. Währenddessen war es Nachmittag geworden.

Da tönte neuerdings schweres Artilleriefeuer von Chotinec herüber; der Stützpunkt ist in Staub gehüllt. Während unsere Artillerie den Stückpunkt mit schwersten Feuer überschüttet, nimmt meinen Abschnitt eine Kosakenbatterie unter Feuer und ich rechne mit einem Gegenangriff der Russen. Ich wollte eben meine Leute darauf aufmerksam machen, als sich eine Ordonanz neben mich wirft und mir meldet, dass die Honved neuerdings gestürmt hat, nicht durchgedrungen und im Gegenstoss von den Russen auch aus den an mich anschliessenden Stellungen geworfen worden war und die Russen mit dem Aufrollen unserer Linie beginnen. Front gegen den neuen Feind zu machen war nicht möglich, da wir in der Front niedergehalten wurden.

Wieder klingen die Hornsignale von Chtinec herüber und ich befehle meinem Hornisten mit mir aufzuspringen und Sturm zu blasen. Ein kurzes Stossgebet, dann hänge ich mich in meinen Hornisten ein und vorwärts geht es mit 'Hurra', wobei ich zu meinem Entsetzen feststellte, dass meine Komp. auf ca. ein Drittel zusammengeschmolzen war. Mit jedem Schritt wird die uns entgegenschlagende Feuergarbe schwächer, da sich die Russen zu stark decken und uns überschiessen. Das Drahthindernis will uns aufhalten, da wird es mit dem Spaten beseitigt. Endlich springt der Draht auf und mit Hurragebrüll und mit dem Rufe 'Hände hoch' geht es auf die Russen. Wir nehmen die erste, die zweite und die dritte Stellung. Zirka 400 Russen waren gefangen und 5 Maschinengewehre erbeutet worden. Nach einer kurzen Rast, zu welcher wir uns eingegraben hatten, ging es wieder vorwärts und wir warfen die feindlichen Nachhuten auch noch aus zwei Stellungen hinaus.

Nachdem dies gelungen und vom Gegner nichts zu sehen war, wollte ich eben gesichert weitermarschieren, als der Reg.-Adjutant zu mir kam und mir den Befehl überbrachte, ich habe zum Reg.-Komdt zu kommen. Ich reinigte mich vom grössten Schmutz, knöpfte meine Bluse zu, ging mit dem Adjutanten. Ich dachte mir jetzt gehst du in gerichtliche Untersuchung, da mir mein Baons-Kmdt nach dem zweiten Sturm die kriegsgerichtliche Anzeige in Aussicht gestellt hatte, weil ich die Reste des Baons ohne seinen Befehl zum Sturme vorgeführt hatte. Nachdem ich mich bei meinem Rg.-Kmdt gemeldet hatte, stellte sich dieser 'Habt Acht' vor mich hin und sagte: Herr Fähnrich gestatten Sie, dass ich Ihnen zur Goldenen Tapferkeitsmedaille gratuliere."

Doch so schnell ging der bürokratische Weg durch die Instanzen auch wieder nicht. Am 1. Juli 1915 erfolgte die Beförderung von Josef Baschtarz zum Leutnant der Reserve. Die Zuerkennung der Goldenen Tapferkeitsmedaille erfolgte am 23. Juli 1915, die amtliche Publikation am 31. Juli 1915. Zwischen diesen beiden letzten Daten erfolgte die Überreichung der Auszeichnung durch den Baons-Kmdt. Oberstleutnant Ludwig Pittl im Bataillonsgefechtsstand. Um diesen Zeitpunkt herum erreichte ihn auch die Vorrückung vom Rechnungspraktikanten zum Rechnungsassistenten (später umbenannt in Buchhaltungspraktikant bzw. -assistent) in seinem zivilen Beruf bei der Stadt Wien.

Am 8. Dezember 1915 wurde Leutnant der Reserve Baschtarz mit dem Militär-Verdienstkreuz 3. Klasse mit Kriegsdekoration ausgezeichnet. Nach Einführung der "Schwerter" werden ihm diese dafür nachträglich zuerkannt. Am 22. April 1917 wird ihm der Ausdruck der Allerhöchsten Anerkennung für tapferes Verhalten vor dem Feind bekannt gegeben, was ihm erlaubt die bronzene Militär-Verdienstmedaille (Signum Laudis) am Bande für Kriegsverdienste und Schwerter zu tragen. Selbstverständlich erfolgt auch noch die Beteilung mit dem Karl-Truppen-Kreuz. Am 1. August 1917 wird Josef Baschtarz noch zum Oberleutnant der Reserve befördert.

Nach dem Kriegsende kehrte er in seinen Zivilberuf als Beamter der Stadt Wien zurück, in dem er über die Jahre entsprechend vorrückte. In den 1920er Jahren war er häufig als Konkursverwalter und Liquidator der Gemeinde Wien bei der Abwicklung von größeren Betrieben beschäftigt. Vom Holzgroßhandel bis zur Schokoladenfabrik war es eine breite Palette von Firmen, die in diesen Jahren der wirtschaftlichen Krise liquidiert werden mussten. Sein vielleicht spektakulärster Fall war die Liquidation der Kreditanstalt der Stadt Wien für städtische Beschäftigte im Jahre 1927. Im Ständestaat übernahm Josef Baschtarz, mittlerweile im Range eines Direktionsrates, die Leitung der Unterabteilung 1c Allgemeine Verwaltungsangelegenheiten, der Zentralen Fachrechnungsabteilung in der Magistratsabteilung 9. Der Geschäftsbereich für den er damit zuständig war ließt sich in der Aufzählung recht abwechslungsreich: Städtische Archiv, Arbeiterbüchereien, Bevölkerungswesen, Frauenberufsschulen, Fremdenverkehr, Städtisches Gefangenenhaus, Gewerbeförderungsinstitut, Kongrua, Platzgelder, Rechtsgeschäfte, Städtische Sammlungen, Taxen für Lenker- und Typenprüfungen, Uhrenmuseum, Veröffentlichungen, Volksbildung.

Nachdem Österreich im März 1938 von Truppen Großdeutschlands besetzt wurde, gab es zwar keine direkten Repressalien gegen Direktionsrat Baschtarz, aber es erfolgte seine baldige Ablösung und schließlich eine vorgezogene Versetzung in den Ruhestand. Nachdem er nicht mehr ins Amt musste und die Alliierten Fliegerangriffe auf Wien im Laufe des Krieges immer häufiger wurden, verscuhte er eine Bleibe außerhalb der Stadt zu bekommen. Im Mai 1944 versuchte er es sogar mit einer Kleinanzeige in der Zeitung, wo er seine Wohnung im IV. Wiener Gemeindebezirk (Panigelgasse 19) "im Tausch auf Kriegsdauer gegen eine Wohnung in der Provinz" offerierte. Ob diese Anzeige den gewünschten Erfolg erzielte ist zwar nicht bekannt, aber schließlich scheint es ihm doch gelungen zu sein eine Bleibe in Melk (Niederösterreich) zu organisieren. Die lokalen Zeitungen berichteten im September 1947, dass der nach Wien zuständige Direktionsrat d.R. Josef Baschtarz des Rechnungsamtes der Stadt Wien, am 7. September 1947 im Alter von nur 56 Jahren hierorts (Melk) verstorben ist.

© Jörg C. Steiner, Wien

 

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